Manche kennen Lacrosse vielleicht aus Serien wie "Teen Wolf" oder Filmen wie "American Pie". Googlet man den Begriff "Lacrosse", kommt es einem jedoch so vor, als sei die Sportart im europäischen Raum nicht sehr weit verbreitet. Man findet zwar den obligatorischen Wikipedia-Artikel, sehr viel mehr Informationen (zumindest deutschsprachige) allerdings nicht. Trotzdem scheint an Lacrosse was dran zu sein. Beim Deutschen Lacrosse Verband sind derzeit knapp 50 offizielle Vereine und Mannschaften eingetragen, die am Ligabetrieb teilnehmen – und die Szene wächst seit Jahren. Deshalb haben wir uns die Sportart mal genauer angeschaut und die wichtigsten Infos für dich zusammengefasst.
Ursprünglich wurde Lacrosse bereits von den Indianern gespielt. Damals gab es keine klaren Regeln und das Spiel diente eher als Kriegsspiel oder Wettkampf zwischen verschiedenen Stämmen, mit vielen dutzenden bis hunderten Spielern. Durch die Kolonialisierung bahnte sich der Sport einen Weg nach Europa. Hier erhielt er Mitte des 17. Jahrhundert seinen Namen vom französischen "la crosse" (gekrümmter Griff, Krummstab). Lacrosse verbreitete sich nach Australien und auf die britischen Inseln, galt aber lange Zeit oft als "Sport der Elite". Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Lacrosse Vereine in Kanada und den USA gegründet – wo es heute zu einer sehr beliebten und viel gespielten Sportart zählt. Und Deutschland? Hier kam das Spiel in seiner heutigen Form, als Mannschafts- und Ligasport, so richtig erst in den 1990er Jahren an. Als Hochschulsport ist Lacrosse in Deutschland heute fest etabliert und wächst auch außerhalb der Universitäten.
Allgemein gibt es eine Trennung zwischen Damen- und Herren-Lacrosse, was auch Unterschiede beim Spielaufbau und -ablauf mit sich bringt. Welche das sind, zeigt unsere Infografik, kurz und kompakt:
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Als olympische Disziplin konnte sich die Sportart zwar nicht durchsetzen, seit 1967 finden allerdings Welt- und seit 1994 auch Europameisterschaften im Lacrosse statt. Deutschland platzierte sich in beiden Wettkämpfen in den letzten Jahren ganz gut im (vorderen) Mittelfeld der Tabellen. Deutschlandweit und international gibt es auch Meisterschaften und Turniere in verschiedenen Jugendliegen. Im Juli 2018 findet beispielsweise die erste Damen-Lacrosse U20 Europameisterschaft in Polen statt.
Eva Antures (22) und Max Steinborn (27) spielen derzeit Lacrosse als Hochschulsport an der Ruhr-Universität Bochum und sind beide Mitglieder in Mannschaften des Vereins "Bochum Lacrosse". Sie brennen für diesen Sport. Für uns haben sie beim Thema Lacrosse ein wenig Licht ins Dunkel gebracht. Außerdem verraten sie dir, warum Lacrosse auf jeden Fall eine unterschätzte Trendsportart ist.
UNICUM: Was ist für euch der besondere Reiz an Lacrosse?
Max: Der besondere Reiz liegt für mich zum Beispiel in der Community. Lacrosse ist ja eine relativ kleine Sportart, da kennt man sich nach kurzer Zeit, sowohl innerhalb Deutschlands als auch mittlerweile in Europa und das finde ich schon cool. An der Sportart selbst reizen mich das schnelle Tempo und die Mischung von Taktik und Körperkontakt. Man braucht verschiedene Fähigkeiten, um ein guter Lacrossespieler zu werden. Das ist eine spannende Herausforderung, die durch das Spiel jede Menge Spaß mit sich bringt. Ich spiele jetzt seit fast drei Jahren und hab erstmal nicht vor aufzuhören.Eva: Als ich vor Jahren zum ersten Mal bei einem Probetraining war, hat mich das Lacrossefieber sofort gepackt. Als ich nach Bochum gezogen bin und angefangen habe dort zu studieren, bin ich direkt bei der Lacrossemannschaft des Hochschulsports eingestiegen. Ich habe in meinem Leben schon sehr viele Sportarten ausprobiert, Lacrosse gefällt mir aber einfach am besten.
Für wen eignet sich Lacrosse? Welche Fähigkeiten oder Vorkenntnisse muss man mitbringen?
Eva: Ich glaube Lacrosse ist eine Sportart, die für alle Menschen geeignet ist, die offen dafür sind, Neues kennenzulernen und auszuprobieren. Natürlich sollte man Spaß an Sport haben – und gerne draußen sein, zum Training auch im Winter. Teamgeist ist wichtig. Das sollte man zu schätzen wissen und kein totaler Einzelkämpfer sein. Vorkenntnisse braucht man eigentlich keine. Wir fangen bei jedem neuen Hochschulsportkurs wieder von vorne mit den Grundlagen an.Max: Ja, auch beim Herren-Lacrosse sollte man vor allem ein offener und kommunikativer Mensch sein. Wenn man aus einer anderen Sportart kommt (z. B. Hockey, Basketball o.ä.) kann das Vorteile bringen, aber im Grunde ist Lacrosse ein sehr anfängerfreundlicher Sport. Viele Leute sind Anfänger, weil es immer noch eine wachsende Sportart ist. Man kann Lacrosse unabhängig von der körperlichen Ausgangslage spielen. Egal ob groß oder klein, muskulös oder nicht, alles bringt so seine Vor- und Nachteile mit sich, aber jeder kann mitspielen, wenn er Lust hat. Was vielleicht nicht zu unterschätzen ist, ist die Hand-Augen-Koordination, da die doch wirklich wichtig ist. Das kann man aber alles trainieren. Und selbst wenn man einigermaßen sicher passen und fangen kann, ist man bei seinen ersten Lacrossespielen total verwirrt, weil es einfach so viele Regeln gibt. Wenn man da einmal durchsteigt, wird es später aber richtig spannend, wenn man Taktiken und Spielzüge entwickelt.
In Bochum werden über den Hochschulsport derzeit drei Herren-Kurse aber nur ein Damen-Kurs angeboten. Ist Lacrosse also eher was für "harte Kerle"?
Eva: So würde ich das nicht sagen. Lacrosse ist als Herrensportart vielleicht einfach nur bekannter, zum Beispiel aus amerikanischen Serien oder Filmen. Frauen wissen oft nicht, dass Damen-Lacrosse ganz anders gespielt wird als bei den Männern, wo es ja doch häufig ruppig und mit viel Körperkontakt zugeht. Das könnte ein Grund sein, warum Lacrosse bei Frauen nicht so häufig auf ihrer Liste der favorisierten Sportarten steht. Ich kenne Lacrosse zum Beispiel seit meiner Kindheit, von der Zeichentrickserie "Hanni und Nanni". Aus der Generation gibt es dann tatsächlich vermehrt Frauen, die dadurch selbst zum Lacrossespielen gekommen sind. Bei den jüngeren Studierenden, die jetzt ihr Studium beginnen oder gerade erst im 2., 3. Semester sind, die kennen Lacrosse oft gar nicht. Vielleicht kennen die ein oder anderen den Sport dann noch von der Serie "Teen Wolf", da ist es dann aber auch wieder Herren-Lacrosse.
Was braucht man für Equipment? Ist das sehr kostspielig und schreckt Anfänger unter Umständen ab?
Eva: Normalerweise haben die meisten Lacrossevereine alles, was man an Ausrüstung braucht. Da muss man sich nicht direkt eigenes Equipment kaufen. Wenn man dann irgendwann richtig einsteigen und seine eigenen Sachen zu haben möchte, kauft man sich als erstes einen Stick. Wie bei allen Sportutensilien gibt es da Modelle, die sich leicht voneinander unterscheiden. Wenn man schon einige Zeit trainiert weiß man worauf man achten muss und welcher Stick für sich und seine Position geeignet ist. Preislich fängt das so bei um die 30 bis 60 Euro an, wenn man einen soliden Stick haben will. Ansonsten gibt es bei den Damen eigentlich nur noch einen Mundschutz. Der ist auch verpflichtend – jede Spielerin muss bei Spielen so einen tragen. Da muss man direkt von Anfang an drin investieren. Aber besser ca. 3 Euro für den Mundschutz als tausende Euro für kaputte Zähne ausgeben. Auch ein Augenschutz ist sinnvoll. Wenn man mal einen Ball an oder in das Auge kriegt, kann das böse ausgehen. Als Torwartin hat man eine komplette Ausrüstung und mehr oder weniger Ganzkörperschutz. Die wird dann aber wie gesagt, wenn man will, meist auch vom Hochschulsport oder dem jeweiligen Verein gestellt.Max: Bei den Herren ist das ein bisschen aufwändiger. Wir haben Handschuhe, Ellenbogenschützer, Helm, Tiefschutz, Mundschutz – der seit letzter Saison bei uns ebenfalls verpflichtend ist – und wenn man will, kann man sich auch noch einen Schulterschutz und/oder Rippenschutz zulegen. Das sind natürlich ein paar Kosten, die auf einen zukommen. Aber es gibt auch große Gebrauchtbörsen, für Equipment, bei denen man sich seine erste Ausrüstung recht günstig zusammenkaufen kann. Wie gesagt hat der Hochschulsport aber auch die Grundausrüstung, die man zum Spielen braucht, sodass man sich ganz am Anfang erstmal nichts kaufen muss – außer den Mundschutz. Anders als z.B. beim Fußball braucht man für Lacrosse aber schon mehr Ausrüstung als einen Ball, Sportschuhe und -klamotten.
Wenn man Lacrosse als Hochschulsport betreibt, hat man die Möglichkeit mit der Mannschaft an offiziellen Spielen und Meisterschaften teilzunehmen?
Max: Über den Hochschulsport hat man die Möglichkeit einmal im Jahr an der Deutschen Hochschulmeisterschaft teilzunehmen. Die wird (wenn möglich) für alle Hochschulsportarten ausgetragen. Im letzten Jahr hat die Meisterschaft für Lacrosse leider nicht stattgefunden, weil sich kein Organisator gefunden hat. Wenn man am Ligabetrieb teilnehmen möchte kann man das tun, indem man sich in einem Verein anmeldet. Dann gibt es ja auch noch die Europa- und Weltmeisterschaften im Lacrosse. Die Weltmeisterschaft der Herren findet die in diesem Jahr (Juli 2018) in Israel statt. Deutschland ist auch wieder dabei. Wir haben tatsächlich auch einen Nationalspieler bei uns im Team. Er ist im Kader der belgischen Nationalmannschaft.
Ist Lacrosse eine unterschätzte (Trend-)Sportart? Warum sollte man Lacrosse spielen?
Eva: Ich hoffe, dass Lacrosse in den nächsten Jahren noch viel mehr Zuwachs bekommt und zu einer großen Sportart wird, die jeder kennt und alle begeistert. Es ist aber auch einfach eine wirklich tolle und vielfältige Sportart, die einem viele Möglichkeiten bietet und einen fordert, die aber vor allem auch sehr viel Spaß macht. Man lernt auf jeden Fall viele Leute kennen und ist verbunden durch den Sport. Da entstehen ganz schnell Freundschaften und man unternimmt auch abseits vom Trainings- und Spielbetrieb viel gemeinsam.Max: Ich habe ein gutes Gefühl, dass vor allem die Jugendarbeit in den kommenden Jahren Früchte tragen wird und Lacrosse kontinuierlich, auch in Deutschland, wachsen und zu einer größeren (Trend-)Sportart werden wird. Es gibt inzwischen einige Herren, die langsam zu alt werden, um zu spielen und die Jugend muss nachrücken. Vielleicht kann man da in naher Zukunft Teil einer großen Bewegung sein. Und wer weiß, vielleicht wird Lacrosse demnächst (dann) ja auch wieder olympisch. Und wenn du mich fragst: "Warum sollte man Lacrosse spielen?" ist meine Antwort: "Warum sollte man es nicht spielen?!?" Es macht auf eine gewisse Art und Weise süchtig. Man kann sich total auspowern, kommt mit tollen Leuten zusammen und hat super viel Spaß.
Uns haben Eva und Max mit ihrer Begeisterung für Lacrosse überzeugt! Wenn du jetzt auch neugierig geworden bist, kannst du dich unter folgenden Links noch näher informieren: