Die Berliner Blogger von Dandy Diary tun viel mehr, als Mode zu kommentieren – sie greifen ins Geschehen ein. Bei Dolce & Gabbana stürmten sie nackt den Laufsteg. Mit gutem Grund, meinen sie.
Lisa Strunz13 Strafanzeigen und eine Klagesumme von einer halben Million Euro – wenn das keine erfolgreiche Bilanz ist! In der Mode ist Auffallen schließlich oberstes Gebot. Die beiden Modeblogger David Roth und Jakob Haupt wissen, wie man provoziert. Auf witzige und unverstellte Art stellen sie das Thema Mode in immer neue Kontexte. Dass sie sich mit ihren Aktionen schon derartig viel Ärger eingehandelt haben, hält sie hoffentlich nicht davon ab, genauso weiterzumachen wie bisher.
Die letzte Aktion von Dandy Diary war ziemlich spektakulär. Während der Mailänder Männershow von Dolce & Gabbana vor anderthalb Wochen stürmte ein Flitzer auf den Laufsteg und rief dabei „Goal! Goal! Goal!“. Im Video werden Modenschau und Flitzer mit einem italienischen Fußballkommentar unterlegt. David Roth erzählt: „Unser Flitzer ist ein Freund aus Berlin und heißt Miky. Weil wir keine Einladung für die Show von Dolce & Gabbana hatten, hat sich Miky als deutscher Moderedakteur ausgegeben. Er trug Sportschuhe, eine Sonnenbrille und einen knielangen Trenchcoat. Den hat er sich in der letzten Sekunde vom Körper gerissen und ist über den Laufsteg gerannt. Wir hätten es uns nicht schöner wünschen können, es sah nach echtem Torjubel aus.“
Neben dem Flitzer gehören dazu zum Beispiel auch zwei selbstironische und ausgesprochen komische Musikvideos und ein „Fashion Porno“, in dem sich die Protagonisten nicht aus-, sondern anziehen und gleichzeitig die Labels der jeweiligen Kleidungsstücke eingeblendet werden. „Bei den größeren Projekten von Dandy Diary geht es in erster Linie darum, Mode mit einem anderen Bereich zusammenzubringen“, erklärt David Roth. In der Vergangenheit sind so zum Beispiel ein Kartenspiel und der erste Fashion-Porno entstanden.
Bei der Dolce-Gabbana-Aktion wollten Dandy Diary Mode mit Fußball vereinen und den großen Sporttrend überspitzen, der sich seit den Olympischen Spielen 2012 in London entwickelt hat: „Laufschuhe sind gerade extrem cool, Trikots, Shorts. Die Frage war: Wie setzen wir unsere Idee am besten um? Wir kamen auf ein Element, das man seit Jahrzehnten aus dem Fußball kennt: den Flitzer.“ Das heißt, dass jemand nackt übers Spielfeld rennt. „Natürlich hätten wir diese Aktion auf keinen Fall bei einem Label gemacht, das wir schätzen, Prada zum Beispiel oder Raf Simons.“
Dolce & Gabbana haben die Blogger aus drei Gründen ausgewählt: Erstens weil es ein italienisches Label und Italien das Land des Fußballs ist. „Zweitens gefällt uns dieses elitäre Gehabe nicht, das Dolce & Gabbana in der Modebranche repräsentiert. Mode ist ein Kulturgut. Man kann interessanter damit umgehen, als Swarovskisteine über ein Kleid zu schmeißen und sich gegenseitig zuzuprosten.“ Drittens hat das italienische Label vor vier Jahren Blogger wie Scott Schuman und Tommy Ton mit einem Laptop in der ersten Reihe platziert – nur, um modern zu wirken, meint Roth: „So, wie die Leute damals für die Show instrumentalisiert wurden, haben wir stellvertretend für die Blogospähre nun auch die Show für unsere Idee instrumentalisiert.“
Mit einer Anzeige von Dolce & Gabbana rechnen Dandy Diary nicht. Das Label sei gerade mit anderen Problemen beschäftigt und hat schließlich durch den Flitzer viel PR bekommen. Stefano Gabbana hat bei Instagram sogar ein Bild hochgeladen und mit den Worten „Grande Finale“ kommentiert. David Roth sagt: „Ich glaube, die beiden fanden die Aktion gar nicht so schlecht.“ Um das Flitzerprojekt abzuschließen, stellen sie am Freitag einen 1a-Fußballschal im Rahmen der Fashion Week vor.
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