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Ein Schuh läuft im Kreis

Ein Schuh läuft im Kreis

Ein Schuh läuft im Kreis

Öko-Sneakers spriessen gerade nur so aus dem Boden. Mittlerweile läuft praktisch alles, was für den gedämpften Gang über den Asphalt erworben werden kann, unter dem Gütesiegel der Nachhaltigkeit.

Wie zum Beispiel Veja, die schlichten Turnschuhe in Weiss, mit dem charakteristischen V auf der Seite. Der Brand schmückt sich mit dem Schlagwort «vegan». Das heisst, wer Veja trägt, weiss, dass nur biologisch angebaute Baumwolle verwendet wurde, dazu ökologischer Naturkautschuk – aus dem Amazonasgebiet, wo die Arbeitsbedingungen «fair» gewesen seien und das fertige Produkt in Recyclingkartons verschifft wurde.

Nicht nur in den urbanen Zentren sind die Öko-Sneakers Kult. Sogar Herzogin Meghan liess sich damit ablichten, als erste Royal in Turnschuhen überhaupt.

Zehn Vollzeitstellen

Ist diese Nachhaltigkeit an den Füssen alles nur PR? Ein Werbegag? Das Schweizer Start-up, das sich seit 2010 unter tatkräftiger Mithilfe von Co-Investor Roger Federer zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten der beiden Sportgiganten Nike und Adidas entwickelt hat, gehört zwar auch zu den Werbemeistern seines Fachs. Der Nachhaltigkeit hat es sich aber bereits zum Gründungszeitpunkt verschrieben.

Die Grundzüge des Businessplans legten die drei Gründer nämlich auf einer Wanderung im Engadin fest, unter dem Eindruck der zurückgehenden Gletscher. Zwei der drei Gründer leben noch immer in abgelegenen, naturnahen Gebieten – Caspar Coppetti etwa ist heimisch im Wenige-hundert Seelen-Dorf La Punt Chamues-ch zwischen St. Moritz und Zernez.

Das Ziel von On, erklärt Sprecherin Vesna Stimac, sei immer die nachhaltige Schuhproduktion gewesen – noch bevor die anderen Sneaker-Brands auf den Zug aufsprangen.

Vor einigen Jahren begann die Firma dann, die Nachhaltigkeit professionell und ganzheitlich anzugehen. Dem Vernehmen nach sind dem Thema heute zehn Vollzeitstellen gewidmet. Die zentrale Frage dabei: Wie resultiert ein grösstmöglicher Impact fürs Klima?

Ein Schuh läuft im Kreis

Schnell sei klargeworden, so Stimac: Der Fokus muss auf dem Material liegen. Rund 80 Prozent der Gesamtemissionen gehen auf die verwendeten Materialien zurück.

Zwar verwendete On schon immer nur Materialien, die beim Endprodukt eine Funktion erfüllen. Reine Verzierung ist ein No-Go, eine Verschwendung. Nun, resümiert Stimac, man könne zwar einen rezyklierbaren Schuh aus natürlichen und biologischen Materialien herstellen, er lande irgendwann aber trotz allem im Abfall. Das heisst: «Wir wollten einen zero waste shoe, um Abfall möglichst ganz zu vermeiden.»

Die Frage lautete: Wie kann ein Laufschuh hergestellt werden, der in einem vollständigen Kreislauf zirkuliert – von On, als Hersteller, zum Konsumenten und wieder zurück. Dafür seien verschiedene Szenarien in Frage gekommen, wie Stimac sagt. Von einer Busse, wenn jemand den ausgelatschten Treter nicht zurückbringt, wollte man absehen. Das Gleiche gelte für eine Art Depot. «Wir wollten mit dem Konsumenten zusammenarbeiten und ihn nicht erziehen.»

Daher liess sich On inspirieren von abonnierten Onlinediensten wie Netflix oder Spotify. Diese «Abo-Idee», wie Vesna Stimac es nennt, habe On umsetzen wollen.

Mit Cyclon, so heisst der Laufschuh, kommt nächstes Jahr eine Art Abo-Schuh auf den Markt. Stimac spricht bei der Idee von einer neuen Form der Kreislaufwirtschaft, an die sich noch kein Hersteller aus der Laufschuhbranche herangetraut habe.

Aus der Rizinusbohne

Aus der Rizinusbohne, die beim Anbau wenig Wasser braucht und sich nicht zum Verzehr eignet, soll Öl fürs Material gewonnen werden, woraus der Laufschuh schliesslich entsteht.

Sobald der Konsument den Schuh nicht mehr gebraucht, kann er an On abgegeben werden. Der Hersteller schreddert ihn, produziert aus dem eingestampften Material neue Produkte und schickt dem Kunden nahtlos sein Ersatzpaar zu. So schliesst sich der Kreislauf.

Weil Erfahrungswerte fehlen, vergleicht Stimac das Konzept mit einem «Sprung ins kalte Wasser». Trotzdem ist sie von der Idee überzeugt: In Amerika seien bereits die nötigen 5000 Cyclon-Reservationen eingegangen. So viel brauche es pro Region, um das Projekt lohnend zu realisieren. In Europa sei man auf bestem Weg.

Wie sich das Ganze entwickelt, sei ungewiss. Sollte das Projekt funktionieren und der Kunde freiwillig sein altes gegen ein neues Paar tauschen, würde erstmals ein zero waste-Schuh im wahrsten Sinne des Wortes in den Umlauf kommen. Es wäre ein richtiger Öko-Schuh.

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