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Ein Rekord für die Ewigkeit – Bautzener Bote

Ein Rekord für die Ewigkeit – Bautzener Bote

Ein Rekord für die Ewigkeit – Bautzener Bote

Francesco Friedrich im Interview mit dem BautzenerBote. Der 29-jährige Sachse spricht über die Faszination am Bobsport und über sein Ziel für die BMW IBSF Bob & Skeleton WM 2020 presented by IDEAL Versicherung in Altenberg. Außerdem berichtet der Doppel-Olympiasieger von seinem Alltag hinter den Kulissen.

Die meisten Jungen interessieren sich für Fußball – Sie haben sich alsKind für Leichtathletik begeistert. Was hat Sie anschließend in den Eiskanalgeführt?

Zum Bobsport haben mich vieleZufälle gebracht, das ist ja so eine Sportart für Quereinsteiger. In derLeichtathletik kam ich damals nicht mehr richtig voran. Zu diesem Zeitpunktwurde beim Stadtfest in meiner Heimatstadt Pirna eine mobile Anschubstreckeaufgebaut. Mein Bruder David und ich haben an der Aktion teilgenommen, unsereZeit war ziemlich gut. David ist anschließend zum Probetraining gegangen undwurde sofort genommen. Ich bin rund anderthalb Jahre später gefolgt.

Was ist für Sie die Faszination am Bobsport?

Dieser Gewaltakt, mit dem wirunseren schweren Schlitten anschieben. Die Präzision, mit der wir jede Kurveexakt treffen. Aber in erster Linie fasziniert mich das, was hinter denKulissen stattfindet. Die Dinge, die man normalerweise nicht zu sehen bekommt: Vorder Abfahrt müssen so viele Prozesse stimmen. Für mich ist das Bobfahren selbsteigentlich immer nur noch das letzte Puzzleteil zum Erfolg.

Wie sieht ein ganz normaler Trainingstag aus?

Der Winter ist eine verrückteZeit. Um 7.30 Uhr geht’s los zur Bahn, wenn wir um 9 Uhr im Schlitten sitzenmüssen. Das Athletiktraining im Anschluss versuchen wir möglichst schnellabzuhaken. Nach einer kurzen Mittagspause setzen wir das Bahntraining fort. Späterist der Physio-Termin und dann hat man noch die ganze Vor- und Nachbereitungdes Materials, die Kufen müssen geschliffen werden. Wir zerlegen den Schlittenjeden Tag, um ihn zu trocknen und zu reinigen. Wenn da irgendwo Rost oder Dreckdazwischen ist, beschleunigt das den Schlitten nicht unbedingt. In den erstenWochen, in denen wir unterwegs sind, werden wir selten vor 22 Uhr fertig.

Sie sind mit 29 Jahren bereits zweifacher Olympiasieger und neunfacherWeltmeister. Wie motiviert man sich, wenn man schon alle Titel erreicht hat?

Es ist mir eigentlich noch nieschwergefallen, mich zu motivieren. Das ist eben meine Berufung. Andere Leute machenandere Sachen und müssen sich auch jeden Tag aus dem Bett quälen. Der Bobsportist mein Ding, mir macht das riesigen Spaß und außerdem gibt’s ja noch sovieles, was ich gern erreichen würde. Zum Beispiel steht bei der WM 2020 inAltenberg dieser sagenumwobene Rekord an. Ich habe im Zweierbob bereits fünfWM-Titel in Serie gewonnen. Das hat vor mir nur Eugenio Monti geschafft. Wennwir jetzt bei der Heim-WM erneut den Titel holen, dann wäre das wahrscheinlichein Rekord für die Ewigkeit.

Bei Ihrem Sport zählt die Mannschaft, man muss sich auf jeden verlassenkönnen. Was bedeutet Teamwork für Sie als Pilot?

Ein Rekord für die Ewigkeit – Bautzener Bote

Unsere Mannschaft geht durch dickund dünn – mein Team ist da wirklich etwas Besonderes. Wenn der eine denanderen mal schräg ankuckt, dann weiß bereits jeder, was nicht funktioniert hatoder was wir anders machen müssen, weil wir so eingespielt sind. Auch wenn ichmal nicht dabei bin, kann ich sicher sein, dass es funktioniert. Wir sind nichtnur Kumpels oder Sportkameraden, sondern auch richtig gute Freunde.

Wie gehen Sie mit Misserfolgen und Verletzungen um?

Ich sag es mal so: Aus solchen Geschichtenlernt man am meisten. Für mich war die Olympia-Teilnahme in Sotschi die größteLehre. Wir sind als Weltmeister angereist und waren absolut nicht erfolgreich.Das war für mich ein ganz extremer Tiefpunkt. Seitdem geht’s eigentlich jedesMal ein bisschen besser. Wir haben davor schon recht hart an uns und amMaterial gearbeitet, aber seitdem ist es glaube ich nochmal anders. Das war quasider entscheidende Moment, in dem ich mir gesagt habe: Sowas soll mir nicht mehrpassieren.

Haben Sie als Weltklasse-Sportler privat auch Abstriche machen müssen?

Das macht man immer. Ich habezwei kleine Kinder, der Große ist jetzt drei Jahre alt und bekommt natürlichschon mit, wenn der Papa im Winter wochenlang nicht da ist. Ab Oktober bisAnfang März bin ich insgesamt vielleicht fünf bis sechs Wochen zuhause. Das istnatürlich nicht ganz einfach, auch nicht für meine Frau und den Rest derFamilie. Aber wir wussten bereits vorher, dass es so kommen könnte und sind gutin die Situation hineingewachsen.

Was würden Sie später gerne nachholen?

Spontan fallen mir da jede Mengeandere Sportarten ein, die ich jetzt nicht betreiben darf. Längere Radtourenoder Schwimmtraining fördern zum Beispiel eher die Ausdauermuskulatur. Daswirkt sich allerdings ungünstig auf die Schnellkraftmuskulatur aus. AuchFußballspielen mit Freunden vermeide ich. Genauso wie alle anderen Aktivitäten,bei denen man sich schnell verletzen kann. Außerdem würde ich gerne Dinge tun, fürdie man Zeit braucht. Vielleicht mal angeln gehen oder so. Da komme ich jetzteinfach nicht dazu. Ja, es gibt mit Sicherheit einiges, was man späternachzuholen hat.

Viele Bobfahrer verabschieden sich in ihren 30ern vom Spitzensport.Haben Sie schon konkrete Vorstellungen, wie das Leben nach der Sportkarriereaussehen soll?

Nach meiner Karriere alsBobfahrer werde ich wahrscheinlich bei der Bundespolizei landen, dort habe ichauch meine Ausbildung gemacht. Derzeit bin ich für den Sport freigestellt. Fürdiese Möglichkeit bin ich unendlich dankbar. Die Rückkehr zur Bundespolizei isteine sichere Perspektive für mich, so wird es wahrscheinlich laufen. Aber werweiß, welche Überraschungen das Leben noch bereithält.

Treffen Sie Francesco Friedrich bei der DKM in den DortmunderWestfalenhallen! Am 23. Oktober ist der Bobfahrer persönlich vor Ort am Stand der IDEAL Versicherung in Halle 3B und gibtAutogramme.

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