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Der dänische Elch greift an - Markt und Mittelstand

Der dänische Elch greift an - Markt und Mittelstand

Der dänische Elch greift an - Markt und Mittelstand

Wer in Deutschland einen Schrank, einen Tisch oder ein Bett kauft, landet sehr oft bei Ikea. Mehr als 15 Prozent Marktanteil im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 – das war spitze. Danach kommt XXXLutz und dann dauert es eine Weile bis zur Nummer drei. Jetzt allerdings rüttelt jemand an dieser wie mit dem Inbusschlüssel festgezogenen Reihenfolge. Zumindest will er nicht mehr in der Rubrik "Sonstige" im Verborgenen bleiben.

Der Kandidat, der sich da ins Rennen begibt, heißt Jysk und ist an sich ein alter Bekannter: Seit 1984 gibt es hierzulande in jeder großen und kleinen Stadt, an jeder mehr oder weniger attraktiven Ecke das Dänische Bettenlager. In diesem Sommer haben die Dänen den Namen ihres internationalen Mutterkonzerns angenommen und nennen sich Jysk. Mit der Umbenennung soll eine Expansion einhergehen. Vor allem in Deutschland wollen die Dänen aufrüsten. Was sich anbahnt, ist ein skandinavischer Zweikampf zwischen Dänen und Schweden mit Austragungsort Deutschland. Es wird spannend.

Jysk gibt es seit 1979 und die dänischen Matratzenhändler sind so gar nicht das, was ihren Landleuten nachgesagt wird: "Hygge" jedenfalls, diese dänische Lebensart mit Kerzenlicht und Gemütlichkeit, steht geschäftlich bei Jysk nicht oben an. Denn dort geht es um Wachstum: 50 Länder beliefern die Dänen, 3000 Läden führen sie weltweit. Schwerpunkt ist ganz klar Deutschland: 7000 und damit deutlich mehr als jeder vierte der 26.500 Jysk-Mitarbeiter empfiehlt den Deutschen eine Matratze aus dänischem Hause. Dem gegenüber steht der schwedische Möbelriese. Er ist schon zehn Jahre länger als die Dänen in Deutschland im Geschäft und hat nicht zuletzt deswegen einen Vorsprung. 18.000 Mitarbeiter verkaufen zwischen Kiel und München in 53 Märkten Billy, Brunkrissla, Dryckjom und Co.

Im Geschäftsjahr 2019/20 setzte das Dänische Bettenlager trotz Corona-Krise 1,128 Milliarden Euro in Deutschland um. Ikea Deutschland kam in derselben Zeit auf 5,325 Milliarden Euro. Nun aber beginnt die Aufholjagd. Mit der Umbenennung vom Dänischen Bettenlager zu Jysk soll aus dem Matratzenlager ein Lifestyle-Handel werden. "Store Concept 3.0" nennt sich der Plan dahinter. "Neue Store-Designs, ein komplett neu gestalteter Online-Shop und neue Sortimente sollen zum Ausdruck gebracht werden", beschreibt Deutschland-Chef Christian Schirmer die Angriffsstrategie.

Was bedeutet das konkret? Eine einheitlichere Produktlinie, ruhige Farben – und dann kommt der erste Kern der Offensive: Fast die Hälfte des Sortiments soll erneuert werden. Was Schirmer weiß: Der Mensch verbring t rund ein Drittel seines Lebens im Bett, trotzdem sind die Deutschen Matratzenmuffel. Sie kaufen sich durchschnittlich nur alle zehn bis zwölf Jahre eine neue Schlafunterlage. Für Schuhe geben sie das Zehnfache aus. In ihrer Lebenszeit nimmt ei ne Matratze im Schnitt 320 Liter Schweiß auf. Das entspricht zwei gefüllten Badewannen. Bisher hat der Handel es nicht geschafft, aus dem Matratzenkauf ein Erlebnis zu machen.

Der dänische Elch greift an - Markt und Mittelstand

Die Eckläden, die an Ausfallstraßen mit Neonlicht und immer im Ausverkauf Kunden ins Bett bringen wollen, sind eher das Gegenteil. Zweiter Kern der Jysk-Offensive: Nicht nur das Sortiment soll erneuert und ausgebaut werden, auch die Zahl der Geschäfte wird deutlich von 970 derzeit auf 1150 steigen. Das Ziel: Überall solle ein Jysk-Geschäft innerhalb von 20 Minuten zu erreichen sein, fordert Jan Bøgh, CEO aus Dänemark und damit Schirmers oberster Boss. Auch Ikea geht in diese Richtung: Die Schweden eröffnen immer mehr kleinere Ge schäfte in den Innenstädten, um nicht nur am Stadtrand mit dem Auto erreichbar zu sein.

Der einheitliche Umbau aller Läden hat bei Jysk bereits im vergangenen Monat begonnen. Dies war bisher für alle Seiten nicht immer ganz schmerzfrei: Im August des vergangenen Jahres konnte sich Deutschland-Chef Schirmer die Namensänderung noch nicht vorstellen und wies entsprechende Fragen zurück: "Eine Namensänderung ist nicht geplant", sagte er in einem Interview. Ein paar Monate und vermutlich einige Telefonate und Videokonferenzen später ist der Beschluss, dass aus dem Bettenlager nun Jysk wird, doch in Deutschland angekommen. Es gehe um ein einheitliches Selbstverständnis.

Es sei nicht eine Umbenennung, sondern eher eine Transformation, sagt Schirmer inzwischen. Bøgh spricht von einem großen Schritt. Und zu spekulieren, dass beide nicht zuletzt den schwedischen Platzelch im Kopf haben, der weltweit auf einen einheitlichen Auftritt bis zur letzten Blumenvase setzt, ist sicher nicht verboten. Und wie läuft der Online-Shop? Viele Kundinnen und Kunden des Dänischen Bettenlagers sind auf die Online-Angebote des Unternehmens um gestiegen. "Online orientieren und im Geschäft einkaufen gehen", beschreibt Schirmer das Verhalten der Kunden, eine Erfahrung, die auch Ikea macht. Die Schweden haben ihren Online-Shop sowie die Möglichkeit des sogenannten Click and Collect während Corona ausgebaut.

Der Anteil beträgt inzwischen 16,2 Prozent am Gesamtumsatz – das sind 6,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Während Ikea der große Konkurrent bleibt, gibt es gerade im Netz auch andere Wettbewerber. Bett1 oder Start-ups wie Emma, Casper und Bruno könnten Jysk noch Probleme bereiten. Der Markt ist in Bewegung geraten, weil alle merken: Wer nicht investiert, fällt hinten runter. So wurde 2019 Matratzen Concord für nur fünf Millionen Euro vom asiatischen Finanzinvestor Magical Honour aufgekauft.

Die Chinesen verpflichteten sich, 15 Millionen in die 830 Filialen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu investieren. Bislang ist ihnen der Durchbruch aber nicht gelungen. Noch sind Lifestyle und Matratzenhändler zwei Welten, die nicht zueinandergefunden haben. Schuld am mäßigen Image ist auch ein selbstgemachter Skandal in der Branche. Vor zehn Jahren war das sogenannte Matratzen-Kartell aufgeflogen: Mehrere Händler und Hersteller waren damals von einer Durchsuchung überrascht worden und mussten sich gegen die Vorwürfe verteidigen, durch illegale Absprachen absurd hohe Preise für viel Luft im Schaumstoff zu verlangen.

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