Welches Trachten-Outfit zu welchem Anlass? Sind Sneakers zur Lederhose erlaubt? Und welche Dirndl-Länge geht gerade noch? Auch wenn das Münchner Oktoberfest dieses Jahr wieder ausfällt – Hirschlederne für schneidige Burschen und Dirndl für fesche Madln sind nicht nur in Bayern Kult. Wer richtig „o’zogn“ sein will, muss bei seiner Garderobe einiges beachten. Ihre Tipps und Benimm-Regeln zur urtraditionellen Kluft verraten die Trachtler*innen aus dem oberbayerischen Berchtesgaden. Denn die müssen es wissen: In wohl keiner Gegend Deutschlands tragen Jung und Alt so viel Dirndlgwand und Lederhosen. www.berchtesgaden.de
Rock und Mieder: Das „Frauengwand“
Dirndl
Das klassische Dirndl besteht aus einem in Falten gelegten Rock und einem meist angenähten Oberteil, dem sogenannten Mieder. Während das Dirndloberteil möglichst körpernah und eng anliegt, ist der Rock ausladend. Doch wie lang soll und darf das berühmte bayerische Frauengewand sein? Bräute tragen oft bodenlange Dirndl: „Zu lang für alle anderen Anlässe“, findet Johanna Hogger, Trachtenschneiderin und Mitglied im Ramsauer Trachtenerhaltungsverein GTEV „D’Achentaler“ und ergänzt: „Von knapp unterhalb des Knies bis oberhalb des Knöchels ist alles schön“. Zum Dirndl gehören laut der Trachten-Expertin eine Schürze, die normalerweise einige Finger breit über dem Rocksaum endet und eine klassische Bluse, die unter der Brust mit einem Gummiband versehen ist.
Strickjacke
Bei kühleren Temperaturen tragen Damen gern Strickjacken zum Dirndl, mit einfachem Rippenmuster und passgenau an Schultern und Körper. „Zum Dirndlgwand dürfen Jacken bis zur Taille, maximal aber bis zur Hüfte reichen. Den Rücken ziert eine mittig durchgehende Patentmasche, manchmal auch ein Zopf“, erklärt Gundi Wendlinger, Eigentümerin der Woll-Oase im oberbayerischen Berchtesgaden und Herausgeberin der „Berchtesgadener Trachtenhefte“.
Schuhe und Strümpfe
Beim Schuhwerk sind die Regeln in den letzten Jahren lockerer geworden, selbst High Heels werden neben Ballerinas oder Schnürstiefeletten akzeptiert. Ein weiteres modisches Accessoire, das nicht fehlen sollte, sind Strümpfe. Trachten-Insiderin Johanna Hogger: „Früher trugen die Frauen dicke Wollstrümpfe unter dem Dirndl, heute können es auch feine Nylons sein.“
Hirschlederne und Haferlschuhe: Das „Männergwand“
Lederhose
Unterschieden wird vor allem zwischen kurzer Lederhose, der sogenannten „Krachledernen“ und der längeren Kniebundhose. Besonders begehrt ist die kürzere Variante, im Idealfall aus heimischem, sämisch gegerbtem Hirschleder. Noch wichtiger als die Art des Leders ist für Sepp Wenig, Vorsitzender der Vereinigten Trachtenvereine Berchtesgadener Land, dass sie angemessen kombiniert werden: „Zur Lederhose tragen wir auf jeden Fall Hemd, Haferlschuhe und Hosenträger“. Letztere gehören für ihn in Bayern zur Tracht wie „woanders die Fliege zum Frack“.
Haferlschuhe
Wer eine Lederhose trägt, der sollte laut Sepp Wenig auch bei den passenden Schuhen nicht sparen. Die Haferlschuhe – mit seitlicher Schnürung – sind typische Begleiter zur Tracht. Wer sich beim Outfit nicht alles auf einmal leisten kann oder möchte, dem empfiehlt Sepp Wenig Second-Hand-Ware: „Besser gebrauchte Haferlschuhe als neue Sneakers, die sind keine Alternative.“ Sein Tipp für den Trachten-Nachwuchs aus dem süddeutschen Raum: Die Berchtesgadener Säcklerei „Lederhosen Aigner“ bietet ein „Lederhosen-Leasing“ für Kinder an.
Trachtenhemd
Die meisten Trachtenfreunde greifen auf einfache weiße oder kleinkarierte Hemden aus Leinen beziehungsweise Baumwolle zurück, die es entweder mit Knopfleiste oder Riegel, also nicht durchgeknöpft, gibt. Zur oberbayerischen Festtagstracht gehören laut Experte Sepp Wenig ausschließlich weiße Modelle: „Unter der Woche tragen wir Einheimischen zur Lederhose karierte Hemden mit Hirschhorn- oder Zwirnknöpfen.“
Trachtenstrümpfe
Die passenden Strümpfe dürfen zur Lederhose nicht fehlen, hierbei können Männer zwischen Kniestrümpfen und Wadenwärmern wählen. Dabei gilt: Kniestrümpfe kommen vor allem bei strammen Waden sehr gut zur Geltung. Die Socken bestehen aus echter Wolle und sind auch als Strickprojekt ideal. Expertin Gundi Wendlinger: „Sie vereinen meist verschiedene Muster und haben auf jeden Fall eine eingestrickte Wade.“