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Lockvögel im Lockdown | Hochtaunus

Lockvögel im Lockdown | Hochtaunus

Lockvögel im Lockdown | Hochtaunus

Grävenwiesbach . Am Donnerstagnachmittag geht eine vierköpfige Familie im Steinkertzbachtal spazieren. Die Kinder Frieda und Remo laufen voraus und kehren kurze Zeit später mit verschmitztem Lächeln zurück. »Habt ihr sie ausgesetzt?« - »Ja.« Beim Weitergehen wandert der suchende Blick der Eltern konzentriert und aufgeregt zu Baum-stümpfen, Holzstapeln, Felsspalten und Erdhügeln.

Da ist sie. Das Bild einer Eule mit weißen Klicker-Augen leuchtet auf einem blau-roten Kieselstein, der aus einer bemoosten Spalte eines Baumstumpfes hervorlugt. Familie Koch bemalt Steine und setzt sie beim Spaziergang durch die Natur aus. Sie sollen von anderen Spaziergängern gefunden werden und ihnen Freude bereiten.

Es sind die kleinen, auf den ersten Blick unscheinbaren Geschichten, die einen Weg zum positiven Umgang mit der Corona-Pandemie zeigen. Detlef Koch und seine Frau Meike hatten vor zwei Jahren diese kreative Idee, mit der die Kinder in der Pandemie mit viel Spaß den Blick in die heimische Natur wenden: »Wir wollten, dass die Kinder im Lockdown an die frische Luft kommen und mit uns spazieren gehen.« Als im Kindergarten Grävenwiesbach bunte, mit Schlangen und Feuerwehr-Motiven bemalte Steine auslagen, erinnerte sich die Mutter der heute siebenjährigen Frieda und des fünfjährigen Remo daran, dass vor fast dreißig Jahren in Merseburg ihre Kita-Erzieherin ihr einen Marienkäfer-Kieselstein schenkte. »Den habe ich heute noch.«

Gestartet wurde das Bemalen und die Weitergabe von Kieselstein-Motiven zunächst innerhalb der Familie. So gelangte der erste bemalte Stein nach Mecklenburg-Vorpommern.

»Taunussteine« kommen viel rum

Lockvögel im Lockdown | Hochtaunus

Im Internet fand Familie Koch eine Community, die Steine auf die Reise schickt. Dort erfreuen sich Menschen daran, Steine zu verschicken und mit entsprechenden Foto-Posts um die Welt reisen zu lassen. Die öffentliche Facebook-Gruppe »Taunussteine« hat bereits 2646 Mitglieder, die Steine bemalen, verstecken und sich freuen, wenn diese gefunden und ihre Weitergabe gepostet wird.

Bei Familie Koch bleiben die Steine in der Gemeinde Grävenwiesbach. Denn sie werden auf langen Spaziergängen, vornehmlich im Steinkertzbachtal ausgesetzt. Bevor das Versteckspiel beginnt, wird zu Hause mit Wohnraumfarbe und Klarlack gemalt. Eulen mit großen Augen, Mignons und Totenköpfe zählen bei den Kindern zu den Favoriten in der Malwerkstatt. So wurde im Lockdown die Feinmotorik der Kinder extra geschult.

Versteckspiel in der Natur

Richtige Begeisterung kommt immer wieder beim Versteckspiel in der Natur auf. Die Zahl neuer Erlebnisse wächst von Tag zu Tag. Eine nasse Hose nach der Landung im Bach, dreckige Schuhe beim Waten durch den Wiesensumpf oder ein Loch in der Jacke nach dem Klettern im Baum gehören zum natürlichen Versteckspiel dazu. Familie Koch veranstaltete auch schon eine kleine Schnitzeljagd und ist mit der Idee in Kindergarten und Grundschule gut vernetzt.

»Hier in Grävenwiesbach gibt es lauter nette Leute, die sich beim Spazieren über die gefundenen Steine freuen.« Kein Sendungsbewusstsein, aber großer Spaß an der Freude der anderen treibt die vier an und lässt keine Gedanken an Missbrauch oder Unfug aufkommen. Die stille Freude, wenn ein Stein nicht mehr im Versteck liegt und dem Finder Freude bereitet, ist für Frieda, Remo, Meike und Detlef Belohnung genug. Pädagogisch noch wertvoller wurde das Projekt mit der Idee, aus Schiefer BuchstabesSteine zu machen. Abc-Schützin Frieda lernte so buchstabieren. Da war die Freude ganz besonders groß, als Unbekannte aus den Buchstabensteinen neue Wörter gebildet hatten. »Es entstanden nette Quatsch-Wörter.« Zum Freudebereiten für andere in der Pandemie zählt Familie Koch auch das Versenden der bunten Steine zum Beispiel an eine Palliativ-Station. »Wir wollen eine positive Botschaft weitergeben.«

Am Donnerstagnachmittag legten Remo und Frieda zunächst sechs Steine aus, von denen die Eltern nur einen fanden. Spaziergänger im Steinkertzbachtal haben also gute Chancen, mit wachem Auge eine Kieselstein-Eule zu finden. Vielleicht kommt jemand auch auf die Idee, eigene Steine auszulegen: »Wir freuen uns, auch selbst neue Steine zu finden.«

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