Stuttgart - Es ist ein klobiger schwarzer Schuh mit Luftpolster und einer großen „Air“-Aufschrift. Der Nike Air More Uptempo. Für den Stuttgarter Sneakersammler Danijel Balasević einer seiner wichtigsten Schuhe überhaupt. Denn ein solches Paar Schuhe trug der US-Basketballer Scottie Pippen in den 1990er bei vielen seiner erfolgreichsten Spiele.
„Der wurde früher meist nur der Pippen genannt“, erzählt Balasević. Inzwischen gehört die Geschichte des Schuhs auch zu seiner. Danijel Balasević Eltern wurden in den 1940er Jahren in Jugoslawien geboren und kamen als Gastarbeiter nach Deutschland. Seiner Begeisterung für teure Turnschuhe konnten sie nur wenig abgewinnen. Viel Geld habe die Familie nicht gehabt, erzählt der 36-Jährige. Aber er wollte damals unbedingt zu denen gehören, die den „Pippen“ tragen. „Ich habe für die Nachbarn die Kehrwoche gemacht und Zeitung ausgetragen“, erzählt er. Von dem Geld habe er mit 17 Jahren dann den Schuh bei einem Laden um die Ecke gekauft. „285 DM waren das damals“, sagt der Stuttgarter.
Inzwischen hat der 36-Jährige, der zur Sammlerszene im Südwesten gehört, viele Schuhe, die weit mehr wert sind. Einige von ihnen sind derzeit sogar im Haus der Geschichte in Stuttgart ausgestellt. Noch bis Mitte September sind sie Teil der Sonderausstellung „Gier“. Kurze Zeit später habe er angefangen, bei der Schuhkette Footlocker zu arbeiten. Dann sei es mit dem Sammeln dann so richtig losgegangen. „Zu meinen Spitzenzeiten hatte ich 700 Paar Schuhe“, erzählt er. Heute habe er noch noch etwa 350 Paar. „Es geht ums Haben“, sagt Balasević über die Begeisterung fürs das Sammeln. Außerdem gehören Sneakers für ihn untrennbar zum Basketball und Hip-Hop. Auch das mache für ihn den Reiz aus.
Oft fällt im Gespräch mit ihm das Wort Kunst. Viele der Sneakers haben besondere Farben, ein ungewöhnliches Design oder beispielsweise besondere Stickereien. Manche der Schuhe gibt es außerdem nur wenige Male auf der ganzen Welt. Zu seinen besonderen Stücken gehört etwa ein Schuh der Marke Asics. Für die „Bread & Butter Berlin“, eine Modemesse für Streetware, hat das Label einen extra Schuh herausgebracht. Auf dem cremefarbenen Sneaker ist mit goldenem Faden ein kleiner Berliner Bär und drei „B“s eingestickt. Wie Balasević erklärt, soll es dieses Sample, also die hergestellten Prototypen, auf der ganzen Welt nur drei Mal geben. Vor allem solche Musterschuhe haben einen besonders hohen Wert. Das Paar sei heute rund 2000 Euro wert, schätzt der Sammler.
Andere Schuhe haben eher einen historischen Wert – etwa ein Laufschuh der Marke Adidas, der wohl aus den 1970er Jahren stammt. „Den habe ich für 3,50 Euro einer älteren Dame auf dem Flohmarkt abgekauft“, erzählt er.
Seine Leidenschaft für das Sammeln von Sneakern brachte Balasević aber nicht nur in den Besitz vieler besonderer Schuhe. In der Szene habe er viele Kontakte geschlossen und sogar Freunde gefunden. Wer um die 00er Jahre Sneaker sammeln wollte, musste er in verschiedene Städte, wie Amsterdam oder Berlin fahren, auch mal vor einem Schuhgeschäft übernachten, um bei der Ladeneröffnung am Morgen gleich einer der ersten sein zu können. „Jetzt läuft mehr online“, sagt Balasević.
Seine Sammlung bewahrt der Stuttgarter in einem langen Wandregal in seinem Schlafzimmer auf. Die Schuhe sollen nicht zu viel Licht abbekommen oder verstauben. Balasević sammelt Turnschuhe nicht nur gern, fast immer trägt er sie auch selbst. Selbst bei seiner Hochzeit habe er einen fliederfarbenen Adidas Campus getragen. Die ganz seltenen Sammlerstücke trägt der 36-Jährige aber nicht auf der Straße. Einige sind zu wertvoll, bei anderen ist das Plastik über die Jahre schon brüchig geworden. Weit würde er damit wohl nicht mehr kommen, meint Danijel Balasević.
Für einige Menschen ist das Sneaker Kaufen und Verkaufen inzwischen auch zu einer echten Goldgrube geworden. Seltene Sneaker werden für tausende von Euro gehandelt. Erst im Frühjahr dieses Jahres wurde ein neuer Rekord gebrochen. Das Auktionshaus Sotheby’s versteigerte den Nike Air Yeezy 1 des US-Rappers Kanye West für 1,8 Millionen Dollar. Dabei handelte es sich um einen Prototypen, den der Rapper bei Auftritten selbst getragen haben soll.
Balasević schätzt, dass seine eigene Sammlung heute einen Wert von rund 100.000 Euro hat. Und obwohl es beim Kaufen der Sneakern zwangsläufig ums Geld geht, betont Balasević, dass es ihm vor allem um die Schuhe selbst und ihre Geschichte gehe. Auch wenn sein Pippen-Schuh von einst im Wert bislang nur marginal gestiegen ist, für ihn ist er nach wie vor einer der wichtigsten Sneaker in seiner Sammlung.
Noch bis zum 19. September zeigt das Haus der Geschichte in Stuttgart die Sonderausstellung „Gier“, als Teil einer Trilogie.
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