Wenn du gut bist, kannst du es dir leisten, unsympathisch zu sein. Naja, und wenn du eben für die Show gebraucht wirst, weil sie dich bei ProSieben für die Rolle der "Drama-Queen" gebucht haben. Ja, die Rede ist natürlich von Simone. Bei gleich vier ihrer Kolleginnen steht sie an diesem Tage – es geht um den Einzug in die Top 10 – auf der Abschussliste. Nicht wegen ihrer Walks. Sondern wegen ihrer Personality. "Sie hat eine schwierige Persönlichkeit", sagt Sayana. Und außerdem wollen die anderen "weniger Stress", zum Beispiel in ihrer schicken Model-Villa. Manch eine wurde gar von Simone aus dem Takt gehustet, als es in dieser Woche darum ging, zu dritt eine Choreographie einzustudieren, und, ja: ein Team zu bilden. "Warum muss die in meiner Gruppe sein?", fragt Lena. Aber eine wie Heidi Klum interessiert das freilich nicht.
Mehr Feindinnen – oder sollte man sagen: wohlwollende Kontrahentinnen? - hat nur eine gewisse Caroline aus Bremerhaven, die gleich sechs Mal für den Rauswurf nominiert wurde. Und zwar – Sie ahnen es – wegen ihrer Personality. "Wir müssen das objektiv betrachten", erklärt eine Kollegin.
Sie ist eine "leere Hülle", sagt die eine, "sie geht zu wenig aus sich heraus", sagt eine andere. Und sie hat ja auch kaum Sendezeit. "Mir ist bewusst, dass ich bisher weniger als andere Mädchen gezeigt wurde", sagte sie vor der Sendung der "Bild"-Zeitung. "Ich kann mir nicht erklären, warum so vorgegangen wird." Oder doch? "Jedenfalls bin ich keine Drama Queen.“ So wie – nein, das sagt sie nicht. Ob sie bisher zu langweilig gewesen sei? "Wenn man mehr von mir gezeigt hätte, würde ich weniger langweilig wirken." Hmm. Das können wir jetzt natürlich nicht beurteilen.
Aber da ist noch etwas. Caroline hat auch da draußen in der Welt kaum Freundinnen. Gerade mal 14.800 Instagram-Follower! Und wenn sie jetzt sagen: Das ist doch was – das ist der letzte Platz im "Influencer-Ranking". Selbst Justine, letzte Woche ausgeschieden, weil ihre bisweilen schüchterne Personality nicht zu ihrer burschikosen Kurzhaar-Frisur passte, also selbst Justine hat 33.900 Follower, bei Vanessa sind es über 99.000 und Simone, nun: 131.000. Achtet Instagram also vielleicht doch auf die Leistung? (Den Rest sieht man ja auf den Fotos da eh nicht so.)
A propos Vanessa: Drei Jobs hat sie im Verlauf der Staffel schon abgeräumt. Da sieht das Casting, für das sie mal eben aus den USA nach Amsterdam geflogen ist, wie eine sichere Sache für sie aus, zumal sie – anders als Cäcilia – beim Kofferpacken auch an ihre hohen Schuhe gedacht hat. "Sie ist sich sehr sicher, dass sie den Job bekommt", sagt der Fotograf vor dem Casting. Das Magazin "Nylon" sucht ein Model, das gleich 20 Jahre Pop-Geschichte darstellen kann, obwohl es ja das allerwenigste davon aus eigenem Erleben kennt. Das Casting nun findet im einem fiktiven Jugendzimmer statt – Cäcilia entscheidet sich für "Get Lucky" von Daft Punk, Vanessa für "Lucky" von Britney Spears. "Du darfst alles machen – Hauptsache, du haust uns vom Hocker" ist die Aufgabe an Vanessa. Doch am Ende hat sie "zu viel Attitude" für den Job. Der Grat zwischen Arroganz und Selbstbewusstsein ist halt manchmal schmal. Sie sei "zu anstrengend" gewesen, weil sie eine "eigene Meinung" habe, wird Vanessa hinterher sagen, und dass der Fotograf halt dereinzig Coole am Set habe sein wollen. Oder hatte Cäcilia nur einfach mehr Euphorie?
Später wird ihr hingegen "ein bisschen Crazyness" fehlen. Wir sind zurück am Set von "Germany's Next Topmodel", und Heidi hat einen Film aus ihren Kindertagen heraus gekramt: "Saturday Night Fever". 1977 war das, da war die Klum gerade drei, und der junge John Travolta spielte die Hauptrolle. Nun gilt es, ihn für einen – fiktiven – Werbespot zu imitieren. Dabei muss neben der Model-Mama auch Thomas Hayo überzeugt werden, der von 2011 bis 2018, lange Jahre also immer Teil der Jury bei GNTM war. "Ich habe ganz große Erwartungen an die Girls", sagt Herr Hayo, der von ihnen mit einem Kreischen empfangen wird. Und dass sie "funktionieren" müssen.
Klar, auch hier ist die Personality gefragt, aber ein bisschen Maschine muss so ein Mädchen eben auch sein. Bei Vanessa sieht das eher ulkig und ein bisschen nach Comedy aus, bei Theresia aber eher "like a crazy robot dance", wie Hayo findet. "Die veräppelt uns“, sagt er. "Nein", sagt die Klum. "Die veräppelt uns", sagt er nochmal. "Nein", beharrt die Klum. Und so weiter. Aber Taktgefühl ist halt nicht jedem gegeben. Hayo fallen schießlich nicht viele Jobs ein, für die er Theresia buchen würde. Simone wiederum liefert ein eindrucksvolles Solo ab - aber weil eben noch davon die Rede war, dass sie an einer Muskelverletzung leide, ist der Streit in der Gruppe vorprogrammiert. Die ist "falsch", sagt Lena, der eben attestiert wurde, sie tanze "wie eine Gummipuppe". Lena sei nicht eins mit ihrem Körper, analysierte Hayo. Anders als Simone, könnte man sagen, die aber doch auch irgendwie geliebt werden will: "Keiner kann sich für mich freuen", klagt sie. "Jeder ist gegen mich."
Auch das Ende des Abends ist diesmal voll retro. In viel zu hohen Schuhen gilt es, mit David-Bowie-Outfit auf der Schallplatten-Drehbühne zu performen. Die beste ist – Sie wissen es schon. Doch auch Caroline schafft es ohne Mühe in die Runde der letzten zehn, und Vanessa, trotz zweierNiederlagen gegen Cäcilia an diesem Abend. Am Ende entscheidet es sich zwischen Lena und Theresia. Die bricht in Tränen aus, als sie erfährt, dass sie nun gehen muss, obwohl es Heidi Klum nach eigenen Angaben "das Herz bricht". "Wir sehen uns", sagt Hayo - ein Satz, bei dem man Hoffnung haben kann, als Verliererin. Und auch die Model-Gouvernante wird nochmal kurz etwas pathetisch, ehe Theresia wirklich gehen muss: "Ich bin dein größter Fan."