Designerin Stella McCartney, Yoga-Label Lululemon und Luxuskonzern Kering setzen bereits auf Mylo, die pflanzliche Lederalternative. Jetzt geht auch Adidas Pilze – oder besser das Myzel unter der Erde – suchen, um damit die Nachhaltigkeit der Stan-Smith-Silhouette auf eine neue Ebene zu bringen. FashionUnited sprach mit den Experten hinter dem Schuh, der nicht das einzige Modell mit dem innovativen Material bleiben soll.
Für den Stan Smith Mylo arbeitete der Herzogenauracher Sportartikler mit dem US-amerikanischen Biotechnologie-Unternehmen Bolt Threads zusammen, welches das Myzel-Material entwickelt hat. Myzel ist ein erneuerbares Pilzgeflecht, das sich durch die Erde zieht.
Innerhalb der alternativen Lösungen für Leder, glaubt Adidas mit seinem Pilzmyzel-Schuh die bahnbrechende Technologie gefunden zu haben.„Wir haben das Gefühl, dass wir durch Mylo und die Art und Weise, wie wir Mylo in einem Schuh zum Leben erwecken konnten, wirklich innovativ im Bereich Leder sind”, sagte David Quass, Global Director für Brand Sustainability bei Adidas, gegenüber FashionUnited. “Wir ahmen dabei die Natur nach, indem wir Myzel-Zellen nehmen und sie im Labor wachsen lassen.”
Foto: Myzel-Material
Mit diesem biobasierten Material geht Adidas den nächsten Schritt seiner ”Own The Game”-Strategie, bei der das Unternehmen einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit setzen will.
„Nachhaltigkeit ist seit mehr als zwei Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Adidas-Unternehmensphilosophie. Sie ist ein direkter Ausdruck des Unternehmenszwecks, durch Sport Leben verändern zu können”, sagte Konzernchef Kasper Rorsted jüngst bei der Vorstellung der Fünf-Jahres-Strategie im März.
Das Myzel, welches die Basis der Lederalternative ist, wird in einem hocheffizienten Wachstumsprozess hergestellt, der weniger als zwei Wochen dauert. Für den Prozess wird eine vertikale Landwirtschaftstechnik verwendet, die es ermöglicht, das Myzel in einem platzsparenden System zu züchten, das den Ertrag pro Quadratmeter erhöht, heißt es in der Mitteilung. Dadurch übertrifft die Produktionsgeschwindigkeit der Lederalternative die von tierischem Material deutlich.
„Mit der Idee, dass man ein Material in zwei Wochen wachsen lassen kann, im Gegensatz zum Züchten einer Tierhaut in einer Zeitspanne von einem Jahr, hat man die Möglichkeit, damit wesentlich mehr zu machen”, sagte Jamie Bainbridge, VP Design and Product Development bei Bolt Threads.Die Partnerschaft mit Adidas habe Bolt Threads geholfen, sein Material und seine Fähigkeit besser zu verstehen und dieses zu einem kommerziellen Produkt werden zu lassen, sagte Bainbridge während des Interviews.
Foto: Lagerung von Mylo
Das fertige Mylo wird bei dem Stan Smith für das äußere Obermaterial verwendet. Die Zwischensohle besteht dagegen aus Naturkautschuk. Farblich hat sich Adidas bei dem ersten Schuh aus Pilzmyzel – typisch für den Stan Smith – für ein schlichtes Weiß entschieden, auch wenn Mylo wie normales Leder in unterschiedliche Töne gefärbt werden kann. Die Wandelbarkeit gilt auch für die Oberflächenbehandlung und Prägung.
Trotz einer bereits bekannten Silhouette, die sich in den letzten 50 Jahren nicht wirklich verändert hat, arbeitete Adidas mehr als zwölf Monate daran, das neue Grundmaterial zum Stan Smith Mylo zu entwickeln. Dadurch, dass das Material noch so neu ist, habe sich das Team jeden einzelnen Schritt des Produktionsprozesses angesehen und in Erfahrung gebracht wie der Prozess innoviert werden kann, damit das Produkt heraus kommt, das jeder kennt, erklärte Martin Love, Category Director bei Adidas Originals.
Einen genauen Preis hat Adidas gegenüber FashionUnited noch nicht bekanntgeben, allerdings soll der Stan Smith Mylo nicht teurer als vorherige Modelle sein. Die “Stan Smith”-Modelle starten im Adidas-Onlineshop bei knapp unter 100 Euro und können je nach Version im Preis ansteigen. So liegt der im März erschienene “Stan Smith, Forever” – aus Recyclingmaterialien – bei 110 Euro.
Was die allgemeine Preisgestaltung angeht wolle Adidas nicht, dass die Verbraucher für Nachhaltigkeit bezahlen. „Nachhaltigkeit sollte nicht in irgendeiner Form ein exklusiver Club sein”, so Love im Gespräch. Innovative Materialien können allerdings den Preis steigen lassen, aber hier kann Adidas auch durch seine Beschaffungspraktiken dabei helfen, die Preise zu senken.
„Die Skalierung von Innovationen im Markenkontext ist immer mit internen Aufwänden verbunden. Es liegt an uns als Marke, diese Kosten abzumildern und die richtige Skalierungsmechanik und -dynamik zu finden, um sicherzustellen, dass der Mylo Stan zu einem wettbewerbsfähigen Preis – im Vergleich zu anderen Franchise-Produkten – angeboten wird, die der Konsument von Adidas gewohnt ist”, so Quass.
Der Stan Smith Mylo soll innerhalb der nächsten zwölf Monate auf den Markt kommen. Dabei soll es laut Rorsted und Expertenallerdings nicht bleiben. Adidas plant die Umsetzung von weiteren Produkten aus Mylo.
Fotos: Adidas