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Auf einen Kaffee mit Ursula Strauss • NEWS.AT

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Schon die knappe Zeit vor dem Gespräch mit Ursula Strauss bietet Einblicke in ihre Wirkung: Einige Dutzend Schauspieler und Komparsen, Kameraleute und Beleuchter wuseln im Innenraum von Schloss Hernstein umher, um die dritte Folge in der fünften Staffel von "Schnell ermittelt" zu drehen. Jede Einstellung wird mehrfach wiederholt, jede Szene muss sitzen. Etliche der abgestellten Taschen tragen die einfache Aufschrift "Uschi", symptomatisch für die Wertschätzung, die der 43-jährigen Schauspielerin im Team entgegengebracht wird. Rasch noch ein Gruppenfoto mit ihr und ihrem "Ex-Mann" Andreas Lust, dann fahren die meisten Busse und Autos ab. Und die "Kommissarin" kommt auf die Terrasse zu uns, den Kaffee liefert der Hoteldirektor persönlich.

Wie anstrengend ist so ein Dreh, Frau Strauss? Alles schon Routine nach vier fertigen Staffeln mit jeweils zehn Folgen? "Routine wäre schlecht, ich will mich jedes Mal voll fordern. Eine laufende Kamera ist für mich wie ein drittes Augenpaar." Nicht nur für die erfolgreiche ORF-Serie, die in Österreich durchschnittlich 800.000 Seher erreicht und in Deutschland insgesamt vier Millionen. Noch quotenstärker (mit mehr als 1,2 Millionen Zusehern der quotenstärkste ORF-Film seit zehn Jahren) war ihr Auftritt Ende 2016 im ORF-ZDF-Zweiteiler "Das Sacher" als "Grande Dame" im Hotel, das mehr war als nur ein Beherbergungsbetrieb. Zu Anna Sacher, für Strauss eine Art Leitfigur: "Sie hat sich ihren Platz in der Gesellschaft mutig erkämpft und war eine der einflussreichsten Frauen der damaligen Zeit, sie stand für ein offenes, internationales Wien." Die Zusammenarbeit mit Regisseur Robert Dornhelm war fordernd, nicht überfordernd: "Ich kannte ihn schon aus Los Angeles, er hat damals unser Team in seinen Garten zum Grillen eingeladen."

Tränen der Freude

Damals, 2009, war "Revanche" von Götz Spielmann für den Auslands-Oscar nominiert worden, jener Film, mit dem Ursula Strauss 2008 nach den Erfolgen "Böse Zellen" und "Fallen" von Barbara Albert der Durchbruch auf der internationaler Ebene gelungen war: "Der Trubel um die Oscar-Verleihung war unglaublich aufregend, ich hatte schon bei der Nominierung Schnappatmung." Es war so intensiv wie nach ihrem ersten Schauspielerlebnis: Nach einem erfolgreichen Auftritt als Lady Macbeth bei einer Laientheatertruppe: "Da hab ich mich am WC eingeschlossen und bitterlich vor Freude geweint. Und gewusst, dass ich auf dem richtigen Weg bin und Schauspielerin werden will."

Sie ist eine mit großer Bandbreite geworden: "Fernsehen ist anders als Kino, bespielt ein anderes Parkett, einen anderen Ballsaal. Aber ich tanze überall gerne." Derzeit scheint die Ballsaison für "Uschi" noch sehr lange dauern zu können. Schnell dementiert sie: "In meinem Beruf gibt es keine Planbarkeit. Ich bin für heuer ausgelastet, für das nächste Jahr gibt es spannende Gespräche und Projekte, aber nichts wirklich Fixes." Und wie für alle Normalsterblichen unberechenbare Gefahren: Vor drei Jahren ist die vierfache Romy-Preisträgerin vom Lenker eines anderen Autos "abgeschossen" worden. Die Folgen: mehrere Brüche, Spitalaufenthalt, Reha. "Einige Monate habe ich mit meinem Beruf abgeschlossen. Das war eine echte Lebenskrise, zusätzlich zu den körperlichen Schmerzen." Dazu kam gerade in dieser Phase ein besonders schmerzhafter Verlust: Ihr Vater, Ex-Bürgermeister ihres Geburtsortes Pöchlarn ("ich versuche noch immer, möglichst oft dort zu sein"), verstarb. Geholfen haben ihr damals eine Traumatherapie - und ein schon vorher geplantes TV-Projekt. Die letzten Schrauben hat sie aber erst vor wenigen Wochen aus ihrem Körper operiert bekommen und kann nun wirklich mit dem Thema abschließen.

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Kampf ohne Waffen

Als "Allzweckwaffe des ORF", wie sie angesichts ihrer häufigen Einsätze (2014 auch in David Schalkos Mehrteiler "Altes Geld") halb anerkennend, halb neidisch genannt wird, sieht sie sich nicht: "Man muss sich Erfolge erkämpfen, aber ganz ohne Waffen, durch Leidenschaft und genaue Arbeit. Aber natürlich ist unsere Branche stark von Konkurrenz geprägt." Und, eine weitere Parallele zur journalistischen Welt, von starken (Ein-)Spargeboten: "Früher haben wir bei 'Schnell ermittelt' pro Folge neundreiviertel Tage drehen können, jetzt haben wir nur mehr acht."

Gleiches Arbeitspensum, aber deutlich weniger Zeit: "Es ist ein enges Korsett, in dem wir stecken, fällt ein Rädchen aus, wird es eng. Fünf Folgen in einem, dann vier Wochen Pause, dann weitere fünf Folgen." Stets aber möglichst nahe der Realität: Beim vorigen Dreh alarmierten Anrainer am Margaretengürtel die Polizei, nachdem scheinbar Leichen abtransportiert worden waren.

Wie versteht sich Ursula Strauss als Künstlerin? "Ich will das Publikum mit guten Geschichten unterhalten." Nur unterhalten? "Ich will auch Botschaften vermitteln, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Ich will Unterhaltung mit Haltung bieten." So wie bei anderen künstlerischen Projekten: Seit 2012 ist Strauss Leiterin des Kulturfestivals "Wachau in Echtzeit", im Herbst wieder mit Spielstätten von Stift Dürnstein bis Schloss Spitz. Seit 2013 fungiert sie gemeinsam mit Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky als Präsidentin der Österreichischen Filmakademie. Und immer wieder bietet sie mit Liedern von Marlene Dietrich und Auszügen aus der von deren Tochter Maria Riva geschriebenen Biografie einen Einblick in die beruflichen und amourösen Abenteuer der Diva.

Starke Frauen

Eine ähnlich starke Figur wie Anna Sacher. Und eine ähnlich starke Frau wie Christine Nöstlinger, mit der sich Strauss besonders verbunden fühlt. Die Verfilmung von Nöstlingers autobiografisch geprägtem Kinderbuch "Maikäfer flieg!" mit ihr in der Hauptrolle eröffnete 2016 die Diagonale in Graz. Und vergangenen Sonntag erst zeichnete sie mit Christian Dolezal bei einer Lesung von Nöstlingers "Iba de gaunz oamen Leit" am Semmering das Leben ewiger "Wohlstandsverlierer" nach, die sich jenseits von sentimentaler Gemütlichkeit durchs Leben "gfrettn" müssen.

Starke Frauen also, entspricht das ihrem Selbstbild, fühlt sie sich als Feministin? Ihre erste Antwort ist ein spontanes "Ja!". Dann eine Relativierung, die eine Verstärkung ist: "Ich bin in erster Linie eine Frau und finde es beispielsweise unerträglich, dass noch immer nicht automatisch in allen Branchen Frauen wie Männer gleich entlohnt werden, dass Frauen immer noch um ihre Position kämpfen müssen und es nach wie vor keine wirkliche Gleichstellung der Geschlechter gibt." Es ist auch eine starke Politikerin, die ihr derzeit besonderes Vertrauen einflößt: "Angela Merkel beweist in der Flüchtlingsfrage seit jetzt zwei Jahren, wie man Realpolitik mit Humanismus verbinden kann. Sie hat Haltung bewiesen, das finde ich gut." Natürlich habe sie es leichter, weil "Deutschland wirtschaftlich so gut dasteht". Aber sie überzeuge auch dadurch, dass sie keine Inszenierung ihrer Erscheinung nötig habe: "Männer werden auch nicht danach beurteilt, ob sie schön sind. Es sollte doch eher um Programme gehen als um Posen."

"Bewerb der Luftballons"

Aber jetzt gebe es doch gerade in Österreich fast einen Schönheitswettbewerb dreier Spitzenmänner. Strauss: "Ich habe meine Wahl schon getroffen mitten in diesem Bewerb der Luftballons, Listen und Quereinsteiger." Mehr will sie verständlicherweise nicht sagen. Dass zumindest einer der drei für sie sicher nicht infrage kommt, dokumentiert ein aktueller Ausbruch: "Da hat sich doch ein Mitwirkender vom Villacher Fasching darüber aufgeregt, dass junge Asylwerber auch Sportschuhe tragen und Smartphones benutzen. Er scheint nicht zu wissen, dass die wirklich armen Leute es gar nicht nach Europa schaffen, dass die, die kommen, auch ein Leben vor der Flucht hatten, selbstverständlich auch etwas besitzen und nicht in Fetzen kommen. Abgesehen davon brauchen sie ihre Smartphones, weil das meist die einzige Verbindung zu ihren Familien ist." Und generell zum "leider veränderten Klima" für Migranten: "Viele Menschen auch in Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, vergessen, dass sie selber einmal darauf angewiesen sein könnten, irgendwo willkommen geheißen zu werden. Die Zustände, in denen viele Asylwerber leben müssen, sind schrecklich."

Insgesamt fühle sie sich bisweilen angesichts der Weltlage und des Angst machenden Terrorismus überfordert: "Ich kann mir manchmal die Nachrichten nicht mehr anschauen, wenn ich permanent sehe, wie Menschen sterben, leiden, hungern, fliehen. Man stumpft so ab, wird empathielos. Davor habe ich Angst, nicht mehr handeln zu können, sondern Dinge nur mehr zur Kenntnis zu nehmen." Es sei auch kein Wunder, dass es so viele Konflikte gibt auf dieser Welt: "Die Arm-reich-Schere wird immer größer, viele Menschen wissen nicht, wie sie ihre Familien ernähren sollen. Und in einer Welt, in der die Waffenindustrie so groß ist und solchen Profit erwirtschaftet, wird es wahrscheinlich immer Krieg geben." Zwei Männer flößen ihr derzeit besonderes Unbehagen ein: "Donald Trump und Kim Jong-un aus Nordkorea führen sich derzeit auf wie zwei gefährliche Kinder. Nur haben sie leider die Macht über besonders gefährliche Spielzeuge."

Ursula Strauss

wurde in Melk geboren, wuchs in Pöchlarn auf, maturierte an der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik und besuchte die Schauspielschule am Volkstheater. 1999 begann sie ihre Filmkarriere. 2008 wurde der Film "Revanche" mit ihr in der Hauptrolle für den Auslands-Oscar nominiert, seit 2009 spielt sie die Hauptrolle in der ORF-Krimiserie "Schnell ermittelt". Mit Peter Pelinka sprach sie am Rande von Dreharbeiten für deren sechste Staffel im Schloss Hernstein.

Peter Pelinka geht für News jede Woche "auf einen Kaffee" mit interessanten Zeitgenossen und Zeitgenossinnen. pelinka.peter@news.at

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