Fast wirkt sein Laden für Kinderturnschuhe wie ein soziologisches Experiment mitten in Neukölln, zwischen Karl-Marx-Straße und Sonnenallee. Da ist die junge Mutter, die die richtigen Turnschuhe für ihr Kleinkind sucht. Drei halbwüchsige Jungs aus dem Kiez rufen von der Tür aus rein: „Ey, hast du Nike?“ Kwon Kim seufzt: „Das habe ich euch doch schon gesagt, nein. Und willst du nicht lieber Turnschuhe, die nicht jeder hat?“
Schwellenangst gibt es bei Yumalove nicht. Die Tür steht weit offen, gleich am Eingang sind die ersten Schuhe auf kleinen bunten Podesten ausgestellt, die aus einem weißen, selbst gebauten Regal ragen.
Der Laden soll für türkische Großfamilien genauso funktionieren wie für Hipstereltern, die gerade nach Neukölln gezogen sind und den Kiez langsam, aber sicher verändern. Kwon Kim ist selbst in Kreuzberg aufgewachsen. Er trifft den Ton, der sich bei ihm mit einer globalen Modesprache mischt. Mit 22 Jahren zog er für die Turnschuhhersteller Puma, Adidas und Ascis in die weite Welt hinaus, erst in die USA und nach Herzogenaurach, später nach Amsterdam und Japan.
Er arbeitete dort als globaler Produktmanager für Turnschuhe. Seine Welt drehte sich um Sneakers, von denen er selbst hunderte im Schrank stehen hatte. „Sneakerheads“ nennt man solche Leute, die Turnschuhe in limitierten Auflagen kaufen und sammeln wie Kunstwerke. Viele seiner Schätze hat Kim inzwischen verkauft. Zwischen seiner Managertätigkeit und seiner neuen Beschäftigung als Turnschuhhändler liegen ein Burn-out mit Ende zwanzig, eine Weltreise, eine Yoga-Ausbildung und die Geburt seiner Tochter. Danach hat sich bei ihm viel verändert. Sesshaft wollte er werden und seinen Arbeitsplatz am liebsten da haben, wo er wohnt – in Neukölln.
Auch, wenn das Geschäft nur 17 Quadratmeter groß ist, hat der 34-Jährige viel damit vor. Mit Kinderturnschuhen hat er sich nicht von ungefähr eine Marktlücke ausgesucht. In Berlin ist er der Erste, der sich darauf spezialisiert hat, und auch sonst kennt er kein vergleichbares Geschäft. Dabei ist er sich sicher, dass sein Konzept funktioniert: „Die Typen, die mit Turnschuhen aufgewachsen sind, haben jetzt selbst Kinder und wollen ihre Kultur weitergeben“, sagt er.
Aber noch sind Turnschuhe für kleinere Kinder eher ein Nebenprodukt für die großen Marken. So war es auch, trotz seiner guten Kontakte, gar nicht so einfach für Kwon Kim, die großen Unternehmen dafür zu gewinnen, ihm Schuhe in seinen winzigen Laden zu liefern. Adidas macht es erst ab 40 Quadratmetern Verkaufsfläche.
Inzwischen haben die einschlägigen Blogs und Fachmagazine über seinen Laden berichtet, sogar der erste Investor hat angefragt. Das passt zu seiner Strategie, denn im Kopf ist Kwon Kim schon weit über seinen kleinen Laden hinausgewachsen: Yumalove soll eine internationale Kette werden. Deshalb hat er sich viel Mühe mit dem Logo gegeben, das prangt auch auf T-Shirts und selbst entworfenen Miniaturbomberjacken. Damit die nicht zu martialisch aussehen, sind sie innen mit niedlichen Pudeln bedruckt.
Erst mal beglückt Kwon Kim Neukölln mit seinen Turnschuhen und versucht, kleinere Marken nach vorne bringen. Er weiß: Die Jungs, die ihn besuchen, haben auf den Schulhöfen im Kiez Einfluss, was den Stil angeht.
- Yumalove, Richardstr. 45, Neukölln, Mo.–Fr. 11–:19 Uhr, Sa. 10–16 Uhr, mehr zum Thema Mode hier.