Montag morgens um 10 Uhr: Fünf Lastwagen stehen auf der Parkfläche vor dem Zollamt Helmstedt an der Autobahn 2 und warten auf die Abnahme durch die Beamten. Ein 40-Tonner aus Bulgarien ist an der Reihe. Der Zoll-Beamte Jules Belitz lässt vom Fahrer die Hecktüren öffnen und blickt auf eine Wand aus übereinander gestapelten Paketen.
„So können wir nicht hineinschauen“, stellt er fest und bittet den Fahrer zur überdachten Rampe zu fahren. Dort zieht der LKW-Fahrer geduldig die Schiebeplane zur Seite. Jetzt hat der Zöllner eine bessere Sicht und lässt sich zwei Pakete aushändigen, die ihm der Fahrer mit einem Teppichmesser öffnet.
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Für Exporteure wie Importeure gilt, dass sie sich die Zollabfertigung aussuchen können, bei der ein Versandverfahren eröffnet wird. „Viele kommen dafür nach Helmstedt“, berichtet Ines Bachmann, Leiterin des Zollamtes Helmstedt. Das liege zum einen an der ausgezeichneten Lage.
„Fast alle aus Osteuropa kommen hier vorbei“, sagt Bachmann. Der andere Grund, warum sich viele Speditionen für Helmstedt entscheiden. „Die kennen uns noch von früher.“ Es gibt also viele „Stammkunden“ aus ganz Europa. Dazu gehören die großen Versandhändler wie Otto und Bonprix.
Vor der deutschen Einheit war der Zoll einer der größten Arbeitgeber in Helmstedt. Derzeit sind an der Autobahn 14 Beamte tätig. Von Montag bis Freitag ist die Dienststelle in zwei Schichten von 6 bis 22 Uhr besetzt, am Samstag von 7 bis 16 Uhr. „Es ist unser Zollamt mit den längsten Öffnungszeiten“, sagt Löhde. Das Hauptzollamt Braunschweig reicht immerhin bis nach Göttingen. Auch bei der Zahl der eröffneten Versandverfahren ist Helmstedt in seinem Gebiet spitze. Es sind 5000 pro Jahr. Deutlich mehr Arbeitsplätze gibt es aber im Zollamt Helmstedt-Stadt, wo rund 100 Mitarbeiter in der Vollstreckungsstelle eingesetzt sind.
Ein Großteil der Aufgaben an der Autobahn entfallen auf die Warenladungen für Import und Export. Aber auch Postverkehr und KfZ-Steuer gehören zu den Aufgaben des Zollamtes. Die Lastwagen erhalten im Zollamt nach der Prüfung ein entsprechendes Siegel, mit dem sie innerhalb der Europäischen Union zu ihrem Zielort fahren können. „Von hier aus können die Speditionen dann überall hinfahren, ohne noch mal kontrolliert zu werden“, erklärt Bachmann.
Für Fahrten außerhalb der EU vergeben die Zöllner auch das „Carnet TIR“, das an vielen Transporten hinten an dem Schriftzug mit den drei Buchstaben zu erkennen ist. Es basiert auf einem internationalen Handels-Vertragswerk.
Stichproben bei LKW-Ladungen gehörten regelmäßig dazu. Die Helmstedter Zollbeamten sind dafür speziell geschult – beispielsweise zum Thema Verschlusssicherheit oder wo in Lastwagen die besten Verstecke sind.
„Eigentlich durchsuchen wir Ladungen nicht. Nur wenn ein Verdacht besteht“, sagt Bachmann. „Dann lassen wir schon mal alles ausräumen.“ Das passiere aber selten. Zigaretten- oder Drogenschmuggler habe sie in Helmstedt noch nicht aus dem Verkehr gezogen, sagt Bachmann.
Produktpiraterie sei dagegen oftmals ein Thema. „Erst kürzlich haben wir gefälschte Euro-Paletten aus dem Verkehr gezogen“, berichtet sie. Das minderwertige Holz habe sei sofort aufgefallen. Falsches Spielzeug oder Designer-Taschen gehören ebenfalls zu den häufigen Fälschungen. „Man erkennt es sofort an den schlechten Nähten“, zeigt die Beamtin an einem Exemplar.
Die Marken-Hersteller versorgen den Zoll regelmäßig mit Informationen, wie sie Fälschungen erkennen können. „Außerdem merken wir er es, wenn der angegebene Wert nicht zum Produkt passt, etwa wenn eine italienische Designer-Tasche aus Ost-Europa kommt und 20 Euro kosten soll“, erklärt Löhde.
Die aus dem Verkehr gezogenen Produkte werden allesamt im Kraftwerk Buschhaus verfeuert. Etwa einmal im Monat entdecken die Helmstedter Zöllner solches Material. „Es gibt immer wieder Wellen, zum Beispiel als die Fidget-Spinner aktuell waren“, berichtet Bachmann.
Diese Daten abzugleichen und zu schauen, dass alles stimmt – sind die Hauptaufgaben beim Helmstedter Zoll. Die Beamten prüfen Dokumente – wie die Frachtpapiere und Präferenz-Nachweise. Manchmal stimmen die Angaben nicht mit den tatsächlich geladenen Waren überein. „Wer beim Zoll arbeitet, sollte offen für Menschen sein und sich für vieles interessieren. Außerdem braucht er ein Gespür dafür, wenn etwas nicht stimmt“, erklärt Bachmann die vielseitige Zöllner-Arbeit.
Beim Helmstedter Zollamt an der Autobahn wisse man nie, wer als nächstes vor einem steht. Zwar nutzen viele Speditionen bereits die Möglichkeit, im Vorfeld die erforderlichen Dokumente online zu übermitteln. „Der dazu gehörende LKW kann anschließend aber innerhalb der nächste fünf Minuten oder aber erst in fünf Tagen hier sein“, erzählt Bachmann. Fremdsprachenkenntnisse seien im Umgang mit den Fernfahrern ebenfalls von Vorteil.
Der Zoll suche stets nach geeigneten Bewerbern, sagt Löhde. „Wir haben relativ hohe Anforderungen“, so der Pressesprecher. Kompetenzen in Sachen Gesetz und Finanzen müssen angehende Zöllner mitbringen. Zudem müsste man bereit sein, eine Dienstwaffe zu tragen. „Das ist bei uns in Helmstedt allerdings nicht notwendig“, sagt Bachmann. Die Kontrollen liefen dort alle friedlich ab.
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