Unser Kolumnist wundert sich über eine einst beliebte Schuhmarke, die sich bei Donald Trump anbiedert und sich nicht genug von Kinderarbeit distanziert.
Mike KleißEs waren die Markenzeichen von Steve Jobs. Schwarzer Rollkragenpulli von Issey Miyake, 501er Levi’s und seine grauen 991er New Balance Sneaker. Kein Hipster in Berlin kommt ohne diese Sneaker aus. Sonst wäre quasi der Bart ab. Viele Showstars in Amerika tragen sie, ebenso Jürgen Klopp und sein FC Liverpool. Kaum eine andere Schuhmarke ist in den vergangenen Jahren derart populär geworden. Noch vor einigen Jahren war die Marke eigentlich am Boden. Man fand sie im Wühltisch großer Discounter wieder. Heute sind New Balance selbst im hart umkämpften Running-Markt angekommen.
Erst kürzlich verlängerte New Balance den Vertrag mit Triathlet Sebastian Kienle. Eine Erfolgsgeschichte. Eine Marke, die viele mögen. Die deshalb so erfolgreich wurde, weil eine wichtige Säule von Markenarbeit aufgebaut werden konnte, die vielleicht wichtigste überhaupt: Menschen identifizierten sich mit New Balance. Mehr Vertrauen geht nicht. Und genau dieses Vertrauen wurde von New Balance-PR-Chef Matt LeBretton mit einem einzigen Satz pulverisiert: „Bei der Obama-Regierung stießen wir auf taube Ohren und ehrlich gesagt glauben wir, dass die Dinge mit dem künftigen Präsidenten Trump in die richtige Richtung gehen.“
LeBretton biederte sich direkt nach Trumps Wahl auf übelste Art und Weise an. Das führte zu einer Art Shitstorm bei New-Balance-Fans. Um ihren Frust zu zeigen, ließen sie ihre Turnschuhe in Flammen aufgehen, verbreiteten die Videos und Bilder davon in den sozialen Netzwerken. Pressekollegen berichteten weltweit darüber. LeBrettons Motivation schien zunächst recht einfach. New Balance war nie mit dem von Obama ausgehandelten transpazifischen Freihandelsabkommen einverstanden. Durch das sei New Balance eine Produktion in den USA erschwert worden, weil zu teuer. Und angeblich würde man im Gegensatz zu Herstellern wie Nike oder Asics in weiten Teilen in den USA produzieren. Worüber bisher nicht berichtet wurde, ist die Tatsache, dass das schlicht gelogen ist. New Balance produziert seit langer Zeit vorwiegend in Asien, zum Beispiel in China oder in Vietnam.
Obwohl New Balance mehrfach von der Clean Clothes Kampagne (CCK) zu mehr Transparenz aufgefordert wurde – CCK setzt sich für faire Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie ein – reagiert das Unternehmen nicht ausreichend. New Balance hat einen Verhaltenskodex für seine Produktion. Nach Auffassung von CCK enthält er jedoch für die Produktion in Asien keine hinreichende Verpflichtung im Hinblick auf Kinderarbeit und existenzsichernde Löhne. Auch ich habe New Balance Deutschland um eine Stellungnahme gebeten. Bis heute habe ich keine Antwort erhalten.
Völlig ohne Not hat PR-Chef LeBretton nicht nur den designierten US-Präsidenten Trump im Namen von New Balance unterstützt. Ohne Not hat er bereits vor Tagen das Vertrauen der NB-Fans missbraucht. Und obwohl er weiß, dass sein Unternehmen alles andere als sauber arbeitet, gießt er Öl ins Feuer. Und das Feuer brennt weiter. So läuft es. Nicht.
Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.
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