Andrea Petkovic wird ihre Karriere auch nach den US Open 2021 fortsetzen. "Das ist immer noch mein Leben", erklärte die Deutsche nach ihrer Zweitrundenniederlage in New York.
von Jörg Allmerothzuletzt bearbeitet: 03.09.2021, 03:36 Uhr
Als die Ausläufer des Hurrikans „Ida“ New York unter Wasser setzten und den Notstand in der Mega-Metropole auslösten, war Andrea Petkovic schon in ihrem trockenen Hotelzimmer in den Schluchten von Manhattan. Ein wichtiger, wegweisender Tag lag hinter Petkovic, sie hatte zwar ihr Zweitrundenspiel gegen Freundin Garbine Muguruza bei den Offenen Amerikanischen Meisterschaften 2021 verloren, aber gleichzeitig eine bedeutsame Entscheidung getroffen. Auch künftig werde sie im Tenniszirkus um die Welt reisen, befand Petkovic, „ich will weiterspielen, weil ich mich gut fühle und an den Besten dran bin.“ Noch könne nichts das Gefühl ersetzen, auf einen Court wie bei den US Open zu marschieren und „ein hartes Duell“ auszukämpfen: „Das ist immer noch mein Leben, das Schönste für mich. Und 33 Jahre sind ja auch noch kein Alter.“
Das gute Gefühl und den optimistischen Blick in die nähere und mittlere Tennis-Zukunft hat sich Petkovic hart erarbeitet. Lange stimmten in dieser erneut komplizierten Corona-Saison die eigene Wahrnehmung von Stärke und die Ergebnisse am Arbeitsplatz nicht wirklich überein, die Südhessin trainierte fleißig, hatte den Eindruck, „dass ich richtig unterwegs bin“, aber bei den Turnieren gewann sie kaum einmal mehr als ein, zwei Matches. „Ich habe eine Menge Frust geschoben und mir gesagt: Das muss besser werden, sonst ist Schluss“, sagt Petkovic. Die US Open hatte Petkovic sogar schon als finale Station ihrer fast anderthalb Jahrzehnte währenden Karriere angepeilt, auch weil sie den „Big Apple als „so etwas wie meine zweite Heimat“ betrachtet.
Petkovics Laufbahn war immer eine kunterbunte Angelegenheit, ein stetiges Auf und Ab der Ergebnisse und Emotionen. Und wen wunderte es da wirklich, dass die langjährige Nationalspielerin auch kurz vor dem möglichen Abschied noch einmal einen verblüffenden Dreh schaffte und plötzlich die guten Trainingsleistungen im Ernstfall bestätigen konnte. „Auf einmal hat es Klick gemacht, ich war wieder voll drin im Geschäft“, sagt Petkovic. Beim neuen WTA-Turnier am Hamburger Rothenbaum erreichte sie das Finale, gewann im rumänischen Cluj-Napoca erstmals nach sechs Jahren wieder einen Tourwettbewerb. „Und dann“, so Petkovic, „läufst du wieder ganz anders durch die Tenniswelt.“ In der Rangliste kletterte sie bis auf Platz 68 empor, in Reichweite der Elitespielerinnen.
Tennis schien in der Corona-Ära nicht immer das ganze Himmelreich für die studierte Darmstädterin, bei der es zwischenzeitlich sogar die Feststellung schwer fiel, ob sie überhaupt noch professionell ihren Sport betrieb. Petkovic arbeitete 2020 an ihrer Autobiographie, oft war sie im Fernsehen als Reporterin oder Moderatorin zu sehen. Sie berichtete sogar selbst über die Schwierigkeiten des Sports im allgemeinen und des Tennisbetriebs in Zeiten der Pandemie – und damit auch irgendwie über eigene Zwiespälte. „Ich habe gemerkt, dass ich zwar sehr viel Spaß an meinen anderen Rollen habe. Aber mein Herz hängt doch immer noch am meisten am Tennis“, sagt Petkovic, die in New York wieder mit ihrem langjährigen Coach Petar Popovic arbeitete.
New York spielt in Petkovics Tennisjahren, aber auch in ihrem Privatleben eine herausragende Rolle. Vor zehn Jahren kämpfte sie sich gegen den Rat der Ärzte und auch ihres besorgten Vaters mit einer Knieverletzung ins Viertelfinale vor, bezahlte den Risikoauftritt aber mit späteren körperlichen Problemen. „Ich liebe die Stadt, die Menschen. Hier habe ich so viele Freunde wie nirgendwo sonst“, sagt Petkovic, „die US Open waren nie ein normales Turnier für mich, ein Turnier wie viele andere. Ich will hier immer besonders gut spielen.“ Auch nach ihrer durchaus ehrenwerten New Yorker Niederlage gegen die zweimalige Grand Slam-Gewinnerin Muguruza war Petkovic nur bedingt zufrieden: „Gut mithalten, das reicht mir nicht. Ich habe noch viel entdeckt, was ich verbessern muss“, sagte Petkovic, „es ist aber auch ein gutes Zeichen, das mich das nervt und mir nicht egal ist.“ Und so geht die Reise weiter, erst mal immer weiter.
Hier das Einzel-Tableau der Frauen
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