Bei Aldi und Lidl geht eine Ära zu Ende: Die Papierpreisschilder an den Regalen sollen abgeschafft werden. Wie die "Lebensmittelzeitung" berichtet, planen die großen Discounter künftig mit digitalen Anzeigen, um die Preise anzugeben. Dabei hatten sich die Billigheimer lange geziert und abgewartet. Nun soll das große Roll-out bei Aldi Süd innerhalb von zwei Jahren geschehen. Dabei werden die Preisschilder nicht nur in Deutschland, sondern laut "LZ"-Informationen auch in der Schweiz und in Großbritannien angepasst. Aldi Süd wollte dies auf "LZ"-Nachfrage nicht vollständig bestätigen und spricht lediglich von Tests in ausgewählten Filialen. Bei Aldi Nord soll die Umstellung 2023 abgeschlossen sein.
Auch Lidl will die Preisschilder modernisieren und hat bereits mit dem Umbau begonnen. Langfristig sollen alle 3200 Discounter-Filialen umgerüstet werden. Dabei durchlaufen die Preisschilder verschiedene Testszenarien. Denn Lidl experimentiert mit verschiedenen Schilderrahmen, beispielsweise um Bio-Produkte leichter auffindbar zu machen.
Damit ziehen Deutschlands Discounter bei einem Trend nach. So gilt Rewe als Vorreiter bei dem Einsatz von ESL, kurz für "Electronic Shelf Label", also elektronische Preisschilder. Die neue Technik kam dort bereits 2013 in die Märkte. Aber auch Edeka hat längst nachgezogen. "Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass in ein paar Jahren im Lebensmitteleinzelhandel alle Händler auf ESL umgestellt haben werden", sagt Ulrich Spaan, Mitglied der Geschäftsleitung beim Forschungs- und Bildungsinstitut EHI, zur "LZ". So überrascht es wenig, dass auch die Drogerie-Kette Rossmann an dem Ausbau der digitalen Anzeigen arbeitet. Zunächst sollen die Schilder in die Filialen kommen, wo es zu wenig Personal gibt. Laut dem Experten seien die Preisschilder deutlich günstiger geworden als noch vor ein paar Jahren, das befeuere den Umstieg. Aber auch die gestiegenen Anforderungen seien eine Motivation. Denn werden kurzfristig Preisänderungen an die Kunden weitergegeben, reicht nun das Umstellen der Technik statt Schilderwechsel an den Regalen.
Doch eben diese kurzfristigen Preisänderungen rufen auch Kritik auf den Plan. Das sogenannte "Dynamic Pricing", also das minutengenaue Anpassen der Preise an die Nachfrage der Kunden steht in der Kritik. Schließlich könnten Händler so die Preise nach oben treiben. Würden Supermärkte vor allem abends angesteuert, könnten die Händler für die Einkaufszeiten ab 17 Uhr höhere Preise verlangen. Doch laut der "LZ" beteuern die Händler bislang, dass sie höchstens die Preise zum Abend senken würden, vor allem bei Obst und Gemüse, um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.
Die dynamische Preisgestaltung ist bei den großen Online-Händlern seit Jahren Alltag. Sie können genau nachvollziehen, wann, wo und zu welchem Preis gekauft wird. Durch ein flexibles Preisgefüge kann der Händler den perfekten Preis ermitteln, der eine hohe Kundennachfrage sichert, aber auch die Marge für den Händler. Dazu kann er auch Wettbewerberpreise, Lagerbestände, Wetterprognosen, Feiertage und saisonale Schwankungen aufgreifen.
5 Jahre LebensmittelklarheitWenig verwunderlich, dass auch der stationäre Handel Interesse an dieser fluiden Preisoptimierung hat. Allerdings reagieren Kunden im stationären Einzelhandel sehr preissensibel. Das liegt auch daran, dass viele Produkte, die vor Ort in den Einkaufwagen wandern, regelmäßig gekauft werden und die Kunden die Preise kennen. Schwanken diese stark, nimmt der Kunde das sehr schnell übel. "Ich kann mir keine untertägigen Preiserhöhungen im Discount vorstellen, da Händler sehr stark auf ihr Preis-Image achten", glaubt Spaan. Doch auch der Experte räumt ein, dass beispielsweise Händler von Convenience-Stores die dynamische Preisgestaltung nutzen könnten.
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kg